EZA: Brasilien ist das Land mit der weltweit höchsten Besitzkonzentration. 44% der Bevölkerung verfügen über nur 1% des fruchtbaren Bodens, 20 Familien bzw. Unternehmen rund 50% des Landes. Geschätzte 5 Mio. Menschen haben keinen Zugang zu Land. Sie sind das Heer der Billigstarbeitskräfte, derer sich die GroßgrundbesitzerInnen bedienen. Gemäss der brasilianischen Verfassung sollte die Mehrheit dieser GrossgrundbesitzerInnen enteignet werden, weil ihr Besitz vielfach illegal ist, und das Land oftmals ungenützt bleibt. Die Realität sieht jedoch anders aus. Der Amtsantritt des Präsidenten Lula da Silva von der brasilianischen Arbeiterpartei 2003 gab den Landlosen neue Hoffnung, doch eine groß angelegte Reform ließ auch unter den für soziale Anliegenen aufgeschlossenen Präsidenten auf sich warten. Die industrialisierte und Export orientierte Landwirtschaft (Stichwort Soja) hingegen erhielt beträchtliche Subventionen... Gemäss Daten der brasilianischen Regierung hat die Landkonzentration zwischen 1920 und 2010 ununterbrochen zugenommen. Gleichzeitig warten über 5 Millionen landlose Bauernfamilien auf die überfällige Verwirklichung der Landreform. Doch die Landlosen warten nicht nur, sie organisieren sich seit den 1980er Jahren in der brasilianischen Landlosenbewegung, die aktuell wohl stärkste soziale Bewegung Lateinamerikas. Als Form des offenen Protests und aus purer Not wird von den Besitzlosen immer wieder Land besetzt. Auf diese Weise konnte die Bewegung der Landlosen (Movimento Sem Terra) der Regierung bis heute 7,5 Mio. Hektar Land abtrotzen. 370.000 Familien haben so ein Stück Land und abgesicherte Landrechte erhalten. Rund 2000 Schulen wurden in den legalisierten Siedlungen errichtet. Doch nicht immer sind die Besetzungen von Erfolg gekrönt. Immer noch liegen über 400 Mio. Hektar Land brach. Doch MST geht es nicht nur um die Besetzung und Legalisierung von Land, sondern in weiterer Folge um dessen Bewirtschaftung, denn erst so wird aus dem politischen Druckmittel der Besetzungen auch eine zukunftsweisende, wirtschaftliche Perspektive für die Menschen, die an den Besetzungen teilnehmen.
Brasilien erlebte in den 1980er Jahren eine Phase der politischen Öffnung. In diese Zeit fielen auch die ersten Landbesetzungen. Im Jänner 1984 gründete sich die Bewegung der Landlosen (MST). Seither erreichte MST die Wiederansiedelung von 370.000 Kleinbauernfamilien auf 7,5 Mio ha Land! Die Besetzungen erfolgen durch die Landlosen selbst. Sie schlagen ihre Zelte auf ungenütztem Land auf, bewirtschaften dieses und bauen eine erste Infrastruktur auf. Gleichzeitig versuchen sie mit den Behörden die Legalisierung des Landes auszuhandeln. Trotz vielfach blutiger Konfrontationen in den eigenen Reihen hält MST am Prinzip der Gewaltlosigkeit fest, wofür die Bewegung 1991 den Alternativen Nobelpreis erhielt... Die ersten Besetzungen bzw. Gründungen von Siedlungen und Produktionsgenossenschaften erfolgten im Bundesstaat Paraná. Hier entstand 1989 die Siedlung „Nuevo Paraíso“ – „Neues Paradies“. Die 170 ha erkämpften Landes sind mittlerweile legalisiert. Die von der Regierung erhaltenen Kredite flossen vor allem in Gemeinschaftseinrichtungen und –aktivitäten. Andere Siedlungen sind noch nicht so weit... Im Lauf der Zeit entstanden in verschiedenen Bundesstaaten insgesamt neun regionale Verbände, in denen die Basisgenossenschaften vertreten sind. Gegenwärtig zählt MST nebst 900 Zeltlagern mehr als 2000 feste Siedlungen in 23 der 26 brasilianischen Bundesstaaten, insbesondere im fruchtbaren Süden (Rio Grande do Sul, Santa Catarina und Paraná) und der Sertao-Steppe im Nordosten des Landes. Die Mitglieder von MST sind in mehr als 50 Produktionskooperativen organisiert. Grund und Boden, landwirtschaftliche Geräte und Saatgut werden gemeinschaftlich genutzt. Trotz aller Widrigkeiten sind viele MST-Mitglieder heute in der Lage, ihre Selbstversorgung zu sichern, ja sogar Fertigprodukte für den lokalen Markt bzw. den Export (z. B. Mate-Tee) herzustellen und damit eigenes Einkommen zu erzielen. Die Bildung von Produktionskooperativen, landwirtschaftlich-technische Beratung, die Organisation von Maschinenringen und Hilfestellungen bei der Vermarktung der Produkte sind zentrale Anliegen des MST. Eine große Herausforderung sind die offizielle Anerkennung der neuen Siedlungen und den Zugang zu Unterstützungsleistungen der Regierung zu erreichen.
Der 1991 gegründete Dachverband der Mate-ProduzentInnen COPERMATE (Cooperativa de Reforma Agraria e Erva Mate) besteht aus 12 Basiskooperativen, denen etwa 12.000 Familien angehören. 50% der Mitglieder sind Frauen. Trotz Umstrukturierung des Kooperativen-Dachverbands 2008 blieben die Grundsätze und Ziele gleich. Die Produzenten sind über das staatliche System zur Alters- und Gesundheitsvorsorge sozial abgesichert. Sie erhalten durch die Direktvermarktung bessere Preise und ihnen werden Schulungen zum ökologischen Landbau angeboten. Der Bio-Mate wird von den KleinproduzentInnen in Mischkultur mit Reis, Mais, Bohnen, Kartoffeln und anderem Gemüse nach den Richtlinien desBioLandbaus angebaut. Die EZA bezieht den Matetee über die deutsche Fair-Handels-Organisation El Puente von drei Kooperativen, die in den Bundesstaaten Paraná, Santa Catarina und Rio Grande do Sul angesiedelt sind. Der Matestrauch ist eine relativ anspruchslose Pflanze, die aber wesentlich höhere Erträge als andere Feldfrüchte bringt. Allerdings vergehen von der Pflanzung bis zur Ernte 5 bis 6 Jahre. Die Weiterverarbeitung muss schnell erfolgen. In den Trockentrommeln der Verarbeitungsanlage, die mit Außenfinanzierung in der Region aufgebaut werden konnte, erfolgt die Trocknung in zwei Gängen. Die Weiterverarbeitung des Mate in der eigenen Verarbeitungsanlage ist eine zentrale Errungenschaft, da der so erzielte Mehrwert des Produkts im Kooperativenverband verbleibt. In Brasilien wird Matetee wegen seiner positiven Eigenschaften hoch geschätzt: Mate ist reich an Vitaminen, Koffein und Gerbsäure, wirkt hungerstillend und leistungssteigernd, ohne dabei aufzuputschen.
Der Matetee von COPERMATE ist über EZA und WELTLÄDEN als Bio Mate und Mate-Energy-Drink erhältlich.
„Landbesetzungen sind in Brasilien für viele landlose Bauern die einzige Alternative zum Warten auf die seit langem versprochene Agrarreformen. „Movimento Sem Terra“ ist eine Organisation von Landbesetzern. Obwohl mittlerweile zu einer der weltweit größten sozialen Bewegungen angewachsen, sind die Bauern ständig von Vertreibungen und Verhaftung bedroht. (...) Der von ihren Mitgliedern produzierte und vermarktete Mate hingegen verkörpert den Erfolg der brasilianischen Landlosenbewegung, dort wo die besetzten Ländereien gehalten und bewirtschaftet werden können.“ - Quelle: Martin Moritz, Geschäftsführer von El Puente